„Es kann nichts Schöneres geben: Die Weltmeisterschaften in der Heimat sind ein Lebenstraum von mir!“

Andreas Rieder

Andreas Rieder

Die Geschichte, dass er so um 2015, 2016 herum verfressen, versoffen und verraucht war, kann er eigentlich selbst nicht mehr hören. Deswegen wird die Tatsache aber nicht verdreht, dass eine Gesundenuntersuchung und ein sehr besorgter Arzt aus Andreas Rieder das machten, was er heute ist – eine Sportkanone.

Erst 2018 begann er mit dem Laufsport, 2019 gewann er die Kurzdistanz beim Innsbruck Alpine und war ob dieses unerwarteten Sieges wie viele andere auch verblüfft. „Das war der Start. Es ist dann immer mehr geworden, mehr Training, mehr Wettkämpfe, bis heute“, erzählt der Zillertaler. Er streitet nicht ab, eventuell eine Vorbildfunktion einzunehmen für all jene, die auch Ziele haben und sich motivieren wollen, oder müssen: „Wenn ich etwas tatsächlich will, dann kann ich diese meine Ziele auch erreichen. Ich muss mich eben intensiv mit diesen und mit mir selbst beschäftigen und auch harte Wege gehen. Bequemlichkeit führt nicht zum Erfolg.“

Geplant ist Rieders sportlicher Aufstieg nicht, ganz von allein kommt er aber auch nicht. Einer Leistungsdiagnostik folgt der Trainingsplan der Sportclinic Zillertal von Peter Leo, dadurch wird vieles einfacher. „Ich trainiere vor oder nach der Arbeit, der Plan sorgt dafür, dass das, was ich mache, auch sinnhaft ist und nicht nur unter die Kategorie ,Bewegung‘ fällt. Struktur im Training führt zudem zu Struktur im Privatleben, ich will ja auch gerne für meine Frau und meine Kinder da sein“, sagt Rieder, der sich der Unterstützung seiner Familie und deren Anfeuerungen an den Rennstrecken sicher sein kann.

Beruflich ist der Läufer – Marathon-PB 2:34 Stunden, Halb-Marathon-PM 1:10:36 Stunden – Qualitätssicherer im Schichtbetrieb beim Innio-Konzern in Jenbach und trainiert sechs bis acht Stunden pro Woche. „Je länger die Distanzen werden, umso länger muss man auch im Training unterwegs sein“, sagt Rieder, der im Jahr 2022 auf rund 3000 km kam und sich schon vorstellen kann, sich irgendwann einmal auch auf den ganz langen Kanten zu versuchen.

Bei den World Mountain and Trail Running Championships 2023 Innsbruck-Stubai ist der Trail Short mit seinen rund 45 Kilometern und rund 3100 positiven Höhenmetern die Spielwiese des Tirolers. Bereits für die Titelkämpfe in Thailand wäre er qualifiziert gewesen, verzichtete aber aufgrund trainingstechnischer und familiärer Umstände. Bei der Heim-WM will Rieder aber dabei sein, „ein Lebenstraum würde in Erfüllung gehen: um Medaillen laufen, und noch dazu vor den eigenen Leuten!“

Bei einer Europameisterschaft in El Paso auf La Palma, Spanien, war er im Juli 2022 schon dabei, nun ist die WM greifbar. Kann der Heimvorteil eine Rolle spielen? „Stress und Druck von außen beeinflussen mich wenig, das pusht mich sogar noch. Dass ich die Strecke kennen und auch einige viele Male ablaufen werde, ist ein Vorteil“, sagt Rieder nachdenklich, und vollzieht dann eine 180-Grad-Kehrtwende. „Der Heimvorteil kann auch ein Heimnachteil sein, dann, wenn ich weiß, welche Passagen besonders hart sind. Du kennst zwar jeden Stein, aber du weißt auch, wo du besonders leiden wirst. Da haben es andere, die den Verlauf nicht so genau kennen, fast einfacher…“

Doch jammern will Andreas Rieder nicht, überwiegt doch jetzt schon die Vorfreude auf die sportliche Großveranstaltung. Trailrunning ist ein boomender Sport, wer ihn ausübt, kann in kurzer Zeit viel erkunden, „nicht nur einen, sondern auch drei oder vier Gipfel an einem Tag“. Und dass die sportliche Großveranstaltung somit wichtig ist für Tirol und Österreich – eh klar.

„Ich wünsche mir, dass die WM ein richtig toller Event wird, der globale Resonanz haben wird. Ich wünsche mir, dass sie unser schönes Land, unsere schönen Trails, in den Mittelpunkt rückt und einen touristischen Mehrwert bringt.“

Rieder selbst strebt nichts anderes an als an jenem Tag X, der der 8. Juni 2023 sein sollte, seine Bestleistung abrufen zu können, sich selbst zu beweisen, dass er mit der Weltelite mithalten kann, auf seinen Trails, in seinem Heimatland.

Fotos: © privat, Brooks


Kurz-Steckbrief

Andreas Rieder, geboren am 13.8.1986 in Schwaz, wohnhaft in Aschau im Zillertal, läuft für Brooks Trail Team und LC Decker Itter. Erfolge (Auswahl): 2021, 2022 Staatsmeister im Bergmarathon; 2022: 10. Rang beim OCC im Rahmen des UTMB;