50 Tage vor den WMTRC: Was Athleten jetzt trainieren sollten

Trailrunner, Trainer und Sportwissenschafter Gerhard Schiemer gibt Einblicke in das Trainingsprogramm der Athleten in der heißen Phase vor den World Mountain and Trail Running Championships

Die World Mountain and Trail Running Championships rücken näher. Was steht für die Athleten jetzt noch auf dem Programm? Welche Trainings sollten sie in dieser Phase, gut sieben Wochen vor dem Startschuss in Innsbruck-Stubai noch absolvieren, welche Wettkämpfe noch bestreiten? Einblick in die heiße Phase vor dem Saisonhöhepunkt gibt Gerhard Schiemer. Der Niederösterreicher war selbst aktiver Trailrunner und WM-Teilnehmer, ist Sportwissenschaftler und Trainer einer ganzen Reihe großer Namen in der österreichischen Trailrunning-Szene.

„Viele fangen erst jetzt so richtig mit dem Laufen an“, sagt Schiemer. „Viele Athleten bestreiten den Winter über Ski Mountaineering-Wettbewerbe oder gehen viele Skitouren.“ Sich erst jetzt mit der Grundlagenausdauer zu beschäftigen, sei nämlich deutlich zu spät. Während man beim Trail Short über 44,6 Kilometer vielleicht noch ein wenig kaschieren und ein wenig aufholen könne, sei der Zug auf der langen Distanz abgefahren. „Was da jetzt nicht da ist, ist verloren.“

Je näher die WMTRC rücken, desto streckenspezifischer wird das Training dann auch. „Technische Passagen, Bergauf-Intervalle mit anschließendem Downhill, solche Sachen sind jetzt angesagt“, sagt Schiemer. „Weil es ganz wichtig ist die Rhythmuswechsel zu trainieren.“ Neben dem Laufen sollten die Sportlerinnen und Sportler auch einen guten Gehschritt draufhaben. „Denn selbst die Elite läuft bei solchen Events und Distanzen nicht alle Passagen. Daher ist der Gehschritt, entweder mit vorgebeugtem Oberkörper und Arm-Unterstützung der Oberschenkel oder mit Trailrunning-Stöcken wichtig“, erklärt Schiemer.

Auch Einheiten für die Tempohärte sind sieben Wochen vor dem Saisonhöhepunkt noch möglich. Im Fokus stehen rund 50 Tage davor aber noch längere Einheiten. „Mit möglichst wenig Verpflegung, um auch den Fettstoffwechsel noch einmal anzukurbeln. Erst drei bis vier Wochen vor den WMTRC sollte man dann auch wieder mit mehr Verpflegung unterwegs sein, damit man gut ernährt an der Startlinie steht, wenn es bei der WM ernst wird.“ Nach harten Einheiten zu hungern, um gewichtstechnisch noch ein paar Prozent herauszuholen, bringt übrigens nichts. „Da muss man Eiweiß und Kohlenhydrate zuführen. Sonst ist das kontraproduktiv.“ Überhaupt ist es ein schmaler Grat mit dem Gewicht. „Es sollte nicht zu viel sein, aber zu wenig auch nicht. Denn dann geht auch Kraft verloren“, sagt Schiemer. „Es bringt nichts, noch zwei Kilogramm leichter zu sein, wenn der Kraftverlust größer ist, als ich mit dem Gewicht einspare.“ Die meisten WM-Athleten kennen ihre Grenzen und ihr optimales Gewicht-Kraft-Verhältnis aber sehr gut. „Einige kommen auch mit dem Winterspeck ins Frühjahr, was kein Problem ist, weil sie im Grundlagentraining ohnehin alles wieder verbrennen.“

Zum Training gehören bekanntlich auch Wettkämpfe. Athleten, die am Trail Short teilnehmen, sollten rund vier Wochen davor ihr letztes Rennen über eine Distanz von zirka 25 Kilometern bestreiten. „Meist machen sie das sogar noch ein, zwei Wochen früher, weil sie einen Puffer für etwaige Verletzungen einbauen.“

Für die Trail-Long-Teilnehmer ist mit langen Distanzen 50 Tage davor schon Schluss. „Rund zwei Monate davor könnte man ein Ultra-Rennen noch vertragen. Dann wären immer noch zwei Wochen Pause zur Erholung vor dem letzten Vorbereitungszyklus“, rechnet Gerhard Schiemer vor. Rumpfstabilität und Athletiktraining rücken jetzt in den Hintergrund. „Und wenn, dann sollte Bewegung trainiert werden, weil auch wenn man statisch super stabil ist, kann man es eventuell nicht in Bewegung umsetzen“, sagt Schiemer.

Zwei Wochen bevor es in Innsbruck-Stubai dann ernst wird, steht das Tapering auf dem Programm, als das deutliche Reduzieren der Trainingsumfänge. „40 Prozent sicher. Bei den Ultra-Läufern sogar prozentuell noch mehr. Diese laufen mit 40 Prozent weniger immer noch deutlich über 100 Kilometer pro Woche.“