„Körperliche Probleme hin oder her – die WMTRC in Innsbruck-Stubai möchte ich mir nicht entgehen lassen. Und der Trail Short sollte mir entgegenkommen!“

Sebastian Falkensteiner

Sebastian Falkensteiner

Auch wenn die offizielle Nominierung des Österreichischen Leichtathletik-Verbandes (ÖLV) noch aussteht, kann gesagt werden, dass es für den gebürtigen Niederösterreicher Sebastian Falkensteiner gut ausschaut: An fünf Welt- oder Europameisterschaften hat er bereits die heimische Farben vertreten, und auf dem Trail Short der WMTRC 2023 sollte der Wissenschaftler, der für einen vertikalen Kilometer ca. 38 Minuten benötigt und die 10 km flach in unter 32 Minuten läuft, gesetzt sein.

Dabei kommt Falkensteiner nicht vom Lauf- sondern Tennissport. Im heimischen Verein in St.Pantaleon-Erla trainierte er über zehn Jahre lang vier, fünf Mal in der Woche, einerseits doch ambitioniert, wie er heute sagt, aber andererseits auch nicht mit dem Gedanken, eine Profikarriere zu starten.

Was das Kind begonnen hatte, beendete der Jugendliche. Ein Tennisarm machte die Aktivität nur unter Schmerzen möglich, die Auf- und Rückschläge wurden immer weniger, dafür das Laufen immer mehr. Bereits während der Zeit als Tennisspieler versuchte sich Sebastian Falkensteiner bei schulischen Laufwettkämpfen im Laufsport und war in seinen Altersklassen immer vorne dabei. Als nun seine Präsenz im Tennisclub weniger wurde, bekam eine andere Frage immer größere Bedeutung: Wie weit kann ich laufen?

Mit 21 bestritt er einen Marathon. Eine Woche später lief er schon eine Spur weiter. Der Einstieg in das Traillaufen fiel mit dem Ötscher Mountain Run 2016 („zufällig gesehen und angetreten“). Ein Auslandssemester in Eindhoven im Herbst 2016 änderte vieles. „In diesem Zeitraum wurde ich in der Universitäts-Trainingsgruppe von einem Trainer betreut, die 10-km-Zeit wurde massiv verbessert, Erfolge stellten sich sein“, sagt der Wahl-Salzburger. Er gewann den Silvesterlauf in Linz, wurde Zweiter im Pesenbachtal. Als Falkensteiner ein Jahr später beim den Trailmarathon des IATF dabei war und sich zum österreichischen Meister über diese Distanz krönte, war das nicht nur für ihn eine Überraschung.

Heute gehört Sebastian Falkensteiner zur Crème de la Crème des österreichischen Trail- und Skyrunning, ist Mitglied der Nationalmannschaften, wird unterstützt von Dynafit.

Dabei ist sein Weg nicht nur von harten Trainingseinheiten und schönen Erfolgen gekennzeichnet, sondern auch von immer wieder auftretenden körperlichen Problemen. „Die Statistik ist eine Erfolgsgeschichte, doch meine medizinischen Befunde sprechen eine weitere Sprache“, sinniert der Sportler. „Ich habe Trainingsumfänge zu schnell gesteigert, kam von quasi null auf 100 km in der Woche – und das ist innerhalb eines Jahres zu viel.“ Knochenmarködeme waren die Folge: in der Hüfte, im Oberschenkelkopf, im Knöchel, im Würfelbein. Und dennoch, die weit schlimmere Verletzung zog sich Falkensteiner im April 2020 zu, als er bei einer Skitour und bergab in einer Wasserlacke einbrach, sich das linke Bein verdrehte und so ziemlich alle Bänder im Knie und Knöchel riss. Die Fahrt ins Krankenhaus war sinnlos, dort wurde er abgewiesen (Corona!), also musste er zuerst nach Hause und von dort die Ambulanz rufen.

Der Weg zurück zum Laufen verlief über unzählige Stunden in Physiotherapie und Umwege zu anderen Sportarten wie dem Radfahren und Skitourengehen, die nach wie vor fixer Bestandteil im Training sind. Durch gezielten Aufbau waren nach eineinhalb Jahren wieder Laufwettkämpfe möglich. Dennoch, „Diesen Unfall werde ich mir wohl bis zum Lebensende nachtragen. Wenn ich auf Steine trete, gibt es mir zuweilen einen Stich in den Fuß, doch es sind Phantomschmerzen.“ Sie werden Falkensteiner trotzdem nicht davon abhalten, auf dem Trail Short der World und Mountain Trail Running Championships (WMTRC) Innsbruck-Stubai von 6. bis 10. Juni 2023 anzutreten.

„Bei einer Weltmeisterschaft im eigenen Land antreten zu können ist die Krönung einer Karriere. Die WMTRC sind die Kombination der Lauf-Welten, in denen ich mich bislang bewegte. Aber mehr noch, die WM in Tirol wird den Berglauf- und Trailrunning-Sport in unserem Land und darüber hinaus weiterentwickeln.“

Die Region Innsbruck-Stubai, in der die Titelkämpfe ausgetragen werden, kennt Sebastian Falkensteiner ein wenig, mit dem Streckenverlauf und dem Profil hat er sich beschäftigt und befindet, dass ihm der Trail Short entgegenkommen dürfte. „Vor der WM werde ich sicherlich nach Tirol kommen, um mir die Wege auch live anzusehen.“

Falkensteiner ist PostDoc am Max-Planck-Institut in Leipzig und beschäftigt sich forschend mit Differential-Algebra, algebraischer Geometrie und Tropical Algebra. Doch es soll nicht nur bei der Theorie bleiben, auch praktische Anwendungen sind gefragt. Höchst selten ist jedoch, dass Falkensteiner seinen Beruf mit auf die Laufstrecken nimmt. Dort dominiert die Freude am Augenblick.

Kurz-Steckbrief

Sebastian Falkensteiner, Österreich, geboren am 1.2.1994 in Linz, aktuell wohnhaft in Leipzig und Radstadt, Mitglied des Dynafit-Laufteams. Erfolge (Auswahl): 2017: Zweiter beim IATF K42; 2018: Gewinner des Hochkönig Skyrace, Zweiter beim Trail de Ubiña; 2019: Erster der Skyrunner Austria Series; Gewinner des Hochkönig Skyrace, 2021: Zweiter bei der Skyrunner World Serie im Zuge des Hochkönig Skyrace, Gewinner Nassfeld Skyrace, Neunter bei der Skyrunning-EM, 2022: 3 Medaillen bei ÖLV Landesmeisterschaften (10km, Berglauf und Crosslauf); Dritter beim Salzburger Trailrunning Festival (Trail Amadeus), Zwölfter bei der Skyrunning-WM