Die Welt zu Gast in Innsbruck-Stubai

Die Weltmeisterschaften im Berglauf und Trailrunning werden ihrem Titel gerecht. Mehr als 1.300 Athletinnen und Athleten aus 68 Ländern nehmen an den vier Wettbewerben – Vertical, Trail Short, Trail Long und Mountain Classic – teil und geben auf sehr anspruchsvollen Strecken in Innsbruck und im Stubaital ihr Bestes. Stellvertretend für Teilnehmende aus Asien, Lateinamerika und Afrika haben wir mit Athletinnen und Athleten aus Nepal, Mexiko und Sambia gesprochen. Sie haben an Trailwettbewerben teilgenommen.

Aus Nepal gehen insgesamt drei Athleten an den Start, darunter die beste Ultraläuferin Asiens, Sunmaya Budha. Sie hat bereits zahlreiche internationale Rennen bestritten und steht laut Ranking des Internationalen Trailrunning-Verbandes ITRA auf Platz acht der Weltrangliste in der Kategorie 100 Kilometer. Budha startet bei dem 86,9 Kilometer langen Trail Long am Freitag, ebenso ihr Teamkollege Arjun Kulung Rai. „Wir möchten unser Potenzial als Weltklasse Berg- und Trailnation beweisen“, sagt Sunmaya Budha. Nepal sei vor allem als das Land der Achttausender bekannt, habe aber auch wunderschönes Trail-Gelände zu bieten. Nepalesische Athletinnen und Athleten sind in der Szene schon länger aktiv.

Die beiden WM-Läufer:innen aus dem Himalaya „kennen die Herausforderungen, die das Aufwachsen in den abgelegenen Dörfern eines armen Landes mit sich bringen. Wir sind verblüfft, welch moderner Fortschritt hier in den Dörfern der Region möglich ist“, sagt Budha. Unterwegs sind die Athlet:innen mit ihrer Teamleiterin Preeti Khattri. Vor dem Rennen haben sie sich Teile der Strecke angesehen und waren am Hoadl und dem ersten Checkpoint unterwegs. „Die Landschaft ist ähnlich schön wie in unseren Heimatdörfern im Himalaya, aber der Lebensstil ist ganz anders als bei uns“, sagt die 24-jährige Athletin. Beim Rennen am Freitag schied Sunmaya Budha auf etwa der Hälfte des Rennens aus. Arjun Kulung Rai erreichte Platz 50.

Aus einer ganz anderen Ecke der Welt kommen die WM-Teilnehmer, die für die indigene Volksgruppe der Raramuri aus der Sierra Tarahumara in Mexiko an den Start gehen. Sie nehmen dieses Jahr das erste Mal an der Weltmeisterschaft im Trailrunning teil, vergangenes Jahr in Chiang Mai waren sie nicht dabei. Mit Onorio Tomas und Antonio Ramirez starten zwei Raramuri-Läufer beim Trail Long. „Für uns ist das Laufen ein Teil unseres täglichen Lebens, wir laufen täglich eine Strecke von 30 bis 50 Kilometern, um zu anderen Orten in den Bergen zu gelangen“, sagt Onorio Tomas, 31.

Die Raramuri leben in den Bergen im Nordosten des Landes nahe der Grenze zu den USA. In Mexiko nehmen sie an Bergläufen teil, um Geld für Essen zu verdienen. „Wir laufen in unserer typischen regionalen Tracht und unseren besonderen Laufsandalen“, sagt Ramirez. Die sogenannten Huaraches bestehen aus Gummimaterial und halten bis zu 300 Kilometer Laufstrecke aus. Ramirez und sein Teamkollege Onorio Tomas setzen für den Wettbewerb auf mexikanisches Essen, ihre Energie beziehen sie aus Burritos (Maistortilla mit Bohnen) und dem Getränk Pinole (gerösteter Mais, der gemahlen und in Wasser aufgelöst wird). „Wir trinken und essen nur natürliche Produkte“, sagt Antonio Ramirez. Die Athleten haben bereits an Rennen in Japan, Kanada, Hawaii, der Tschechischen Republik, den Vereinigten Staaten und Spanien teilgenommen. Den Trail Long in Innsbruck-Stubai beendeten sie mit einem 49. (Tomas) und 118. (Ramirez) Platz.

Ein recht unbekannter, aber nicht minder sympathischer WM-Läufer ist Karl Midlane aus Sambia. Der 27-Jährige ist der einzige Starter aus seinem Land. Geboren ist Midlane in Simbabwe, aus beruflichen Gründen zog seine Familie 2013 ins nördlich gelegene Nachbarland Sambia. Zum Traillaufen kam der frühere Tennisspieler durch Freunde, die ihn zum Laufen mit in die Berge in Kapstadt nahmen. Seither gehört sein Herz seinem neuen Sport, dem Trailrunning. Vergangenes Jahr entschied er, ins Ausland zu gehen und an internationalen Rennen teilzunehmen. Er drehte die Weltkugel und sein Finger tippte fast intuitiv auf Innsbruck.

„Im Januar bin ich mit ein paar Hundert Euro in der Tasche nach Innsbruck geflogen, ohne Plan. Ich wusste nur, dass ich mir hier ein Leben aufbauen wollte. Zudem habe ich mich von meinem Land für die WM nominieren lassen“, sagt Midlane. Trailrunning läuft in Sambia bisher noch unter dem Radar, aber Karl Midlane will nach seinem Jahr in Innsbruck beim Aufbau eines Trailrunning-Verbandes helfen. „Wir haben wunderschönes Gelände und sehr starke Läufer. Zu Hause trainiere ich mit Marathonläufern“, sagt er.

In Innsbruck fühle er sich sehr wohl. „Die Community hat mich hier sehr schnell aufgenommen, die Landschaft ist wunderschön. Und Innsbruck ist sehr zentral gelegen. Von hier aus kann ich an den wichtigen Rennen in Europa teilnehmen“, sagt Midlane. Einen Tag vor dem Rennen, am Mittwoch, hatte er Urlaub. Das Rennen am Donnerstag hat er auf Platz 123 von 185 Teilnehmern beendet. Am Freitag saß er wieder im Büro, wahrscheinlich mit einem kräftigen Muskelkater – aber glücklich.