In Innsbruck Stubai hoffe ich auf ein Erlebnis wie bei Olympischen Spielen

Melodie Gilbert

Melodie Gilbert

Die Formel ist bereits gängig und hat vielfach Anwendung gefunden: Zeit plus Covid ist gleich Trail Running. Nicht anders war die Sache bei der Kanadierin Melodie Gilbert vor rund drei Jahren. Nachdem sie ihr Physiotherapie-Studium abgeschlossen hatte, war sie allein und Corona gerade auch in Kanada sehr aktiv. „Also bin ich immer wieder in die Berge gegangen, hauptsächlich zum Wandern. Und irgendwie bin ich dann immer mehr und mehr gelaufen und komplett reingekippt ins Trailrunning“. Und zwar so richtig mit Haut und Haaren. Erst war es die Natur, das Draußensein, das Laufen ohne Pace, in das sie sich verliebt hat. „Es hat einfach Spaß gemacht und ich habe die Freiheit genossen“, sagt Gilbert. Dann sind die ersten Wettkämpfe gekommen und sie ist in die Community eingetaucht. „Ich habe begonnen Trail-Podcasts zu hören und alles aufgesaugt, was mit dem Sport zu tun hat.“ Gilbert hat auch viele neue Dinge über Ausrüstung und Essen beim Laufen gelernt, hat Erfahrungen auf längeren Rennen gesammelt. „Mein größter Traum war es auf einmal, Trailrunner zu werden.“

Ein Traum, der Wirklichkeit geworden ist und bei den World Mountain and Trail Running Championships in Innsbruck-Stubai auf dem Trail Short über 44,6 Kilometer und 3132 Höhenmeter seinen Höhepunkt erreichen wird. 2021 ist Gilbert noch ausschließlich in Kanada gelaufen, 2022 ist sie international in Erscheinung getreten und hat es zum Finale der Golden Trail Series nach Madeira geschafft. „Heuer will ich noch einen weiteren Schritt nach oben machen. Die Weltmeisterschaften sind mein ganz großes Ziel. Da will ich mir beweisen, dass ich in einem Profi-Feld bestehen kann.“

Dafür trainiert sie jetzt große Umfänge, sodass wenig Zeit für andere Sportarten wie Mountainbiken oder im Winter Skitouren bleibt. Vor allem bergauf hat sie noch Defizite. „Das ist sicher meine Schwäche“, sagt Gilbert. Die Berge rund um ihre Heimatstadt Quebec, in der sie als selbstständige Physiotherapeutin arbeitet, sind einfach nicht so hoch wie in den Alpen. „Wir haben dagegen viel Wald, mit Wurzeln, Matsch und schmalen Wegen.“ Bevor es zu den WMTRC geht, absolviert sie mit ihrem Ausrüster Dynafit daher noch ein Trainingscamp in Colorado, um das alpine Gelände besser zu simulieren und auch das Laufen in der Höhenlage zu trainieren.

In die WM-Region kommt sie mit Team Canada erst wenige Tage vor den Rennen. „Natürlich wäre ich gerne ein Monat vorher da, aber ich muss die Reise selbst bezahlen, das geht sich nicht aus. Trailrunnerin in Kanada zu sein ist nicht so einfach“, sagt Gilbert. Immerhin kann sie sich mit ihrer eigenen Praxis die Zeit zum Training jetzt besser einteilen. „Auch wenn die Physiotherapie eine große Leidenschaft ist, kann ich nicht verleugnen, dass ich gerne Trail Running Profi wäre.“

„Ich war noch nie in Innsbruck-Stubai. Aber was ich gesehen habe, war wunderschön. Ich kann es nicht erwarten, die Trails dort zu laufen.“

Ein Schritt in diese Richtung könnte natürlich ein gutes Abschneiden bei den World Mountain and Trail Running Championships 2023 Innsbruck-Stubai sein. „Beim ersten Mal geht es für mich aber vor allem darum, Erfahrung zu sammeln und meinen Platz im Nationalteam für das nächste Jahr zu sichern. Ich kann nicht sagen, wo ich landen werde, aber mit einem Platz in den Top 40 wäre ich schon super happy.“ Und auch wenn die Weltmeisterschaften in der Öffentlichkeit auf entsprechende Resonanz träfen. „Damit die Menschen sehen, was eine Trail Running Weltmeisterschaft ist. Ich hoffe auf ein Erlebnis wie bei Olympischen Spielen.“

Kurz-Steckbrief

Melodie Gilbert (Kanada), geboren am 30.12.1994 in Quebec. Lebt und arbeitet als Physiotherapeutin in eigener Praxis in Quebec. Erfolge (Auswahl): Sieg Ultra Trai Chic-chocs 2022 (CAN) über 23,4 km, Sieg Ultra-Trail Harricana du Canada 2021 über 27,7 km, Sieg Quebec Mega Trail 2021 über 25,9 km, Sieg Ultra Trail Gaspesia 2021 über 24,8 km. Platz 29 in der Gesamtwertung der Golden Trail Series 2022.